Die Waerme eines Sommers by Willett Marcia

Autor:Willett, Marcia [Willett, Marcia]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-10-13T16:00:00+00:00

Dritter Teil

VIERUNDZWANZIG

Brigid saß im Hof, hatte einen großen Schreibblock vor sich auf dem Tisch liegen und beobachtete, wie Blot sich an eine Elster heranpirschte. Die Tauben zogen den Kopf ein und gurrten ängstlich angesichts des Eindringlings. Die Elster hüpfte hochmütig davon und machte sich nicht einmal die Mühe wegzufliegen. Sie lief ein paar Schritte, drehte sich dann um und begutachtete das Brot, das für das Rotkehlchen gestreut worden war. Aber als Blot bellend auf sie zurannte, flüchtete sie hinauf in die Zweige der Eberesche. Beglückt über seinen Erfolg, ließ sich Blot nieder, während die Tauben auf dem Stalldach zufrieden gurrten.

Nach dieser willkommenen Ablenkung wandte sich Brigid wieder ihrem Brief zu. Sie versuchte die richtigen Worte zu finden, um Humphrey das ganze schreckliche Dilemma zu erklären. Andererseits …

Brigid legte den Füller weg und starrte in die Luft. In Gedanken war sie schon alle Möglichkeiten durchgegangen. Sie konnte ihm schreiben – aber was für ein Schock würde es sein, wenn er einen Brief von daheim öffnete und solche Neuigkeiten las! Sie konnte ihn anrufen, aber die Vorstellung, in einem Ferngespräch die ganze Geschichte auszubreiten, war schrecklich. Wie sollte sie anfangen?

»Ich wollte es dir schon erzählen, als du zu Hause warst, aber dann hab ich ’s vergessen …« Oder sollte sie ins Flugzeug steigen und es ihm persönlich sagen – aber unter welchem Vorwand? Wie sollte sie ihm erklären, warum sie plötzlich Foxhole verließ – wo sie doch Urlaube im Ausland verabscheute – und auf die Bahamas flog, obwohl sie wusste, dass er viel zu tun und wenig Zeit für sie hatte? Und es ging ausgerechnet um Jenny …

Brigid fluchte leise, setzte aber rasch eine freundliche Miene auf, als eine Frau am Hofeingang erschien, die mit ihrem Mann in einem der Cottages wohnte. Das ruhige, gesetzte Paar verbrachte seinen ersten Urlaub im Dartmoor National Park.

»Und hoffentlich ist es auch das letzte Mal«, hatte Brigid am Abend zuvor zu Louise gesagt. »Anscheinend ist ihnen nicht klar gewesen, wie unangenehm Spaziergänge sein können.«

»Unangenehm?«, fragte Louise erstaunt.

»Wegen der Scheiße«, fügte Brigid zur Erklärung hinzu – und musste lachen, als sie Louises verblüfftes Gesicht sah.

»›Man muss richtig aufpassen, wo man den Fuß hinsetzt‹«, äffte sie die gezierte Aussprache der Gäste nach, »›überall Pferdekot, Schafdung und was die Hunde so fallen lassen. Und dann die Kuhfladen. Wir wussten nicht, dass es hier Kühe gibt.‹«

»Soll das ein Witz sein?«

»Nein«, erwiderte Brigid mürrisch. »Kein Witz. Stadtbewohner, die das Land als ihre Spielwiese betrachten. Ich glaube, sie haben einen hygienisch aufbereiteten Vergnügungspark erwartet, wo die Einheimischen in Tracht herumlaufen und Urlaute ausstoßen, wenn man sie mit dem Spazierstock anstupst. Nie wieder. Nächstes Jahr bin ich ausgebucht. Obwohl ich kaum glaube, dass sie wiederkommen.«

Jetzt schenkte sie Mrs Prout ein verbindliches Lächeln und rief »Guten Morgen«. Wenigstens hatten die Gäste keinen Grund, sich über das Wetter zu beklagen. An dem langen Wochenende war es ungewöhnlich heiß gewesen, und offenbar blieb es vorerst schön.

»Ich wollte es Ihnen nur sagen, meine Liebe«, verkündete Mrs Prout, ohne Blot aus den Augen zu lassen, damit er sich nicht unverhofft auf sie stürzte, »das Wasser hat eine merkwürdige Farbe.

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